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Von Tim Heymann
16.09.2025
Künstliche Intelligenz ist längst mehr als ein Buzzword – sie ist im Kanzleialltag angekommen. Nicht als „Nice to have“, sondern als echter Produktivitätsfaktor.
DATEV zeigt mit Automatisierungsservices wie Rechnungen/Bank sowie Prototypen wie „Frag LEA“ (LEXinform-Assistent) und dem Einspruchsgenerator, wie KI in der Praxis funktioniert. Der DStV flankiert die Entwicklung mit einem Whitepaper zu KI-Assistenten, während der EU AI Act verbindliche Fristen schafft.
Wer jetzt Rollen klärt, Skills aufbaut und Governance sauber aufsetzt, wird in zwölf Monaten konkrete Effekte messen können.
Was sich konkret ändert
KI verändert die täglichen Routinen in der Kanzlei Schritt für Schritt. Einige Anwendungsfälle sind bereits produktiv – andere stehen kurz davor.
Beleg- und Kontoumsatzbuchung:
In der DATEV-Cloud erstellt KI automatisch Buchungsvorschläge aus digitalen Belegen oder Bankumsätzen – eine spürbare Entlastung im Alltag.
Fachrecherche:
Mit „Frag LEA“ können Mitarbeitende komplexe Fragen schneller klären. Der Assistent liefert direkt Quellenangaben, was Zeit spart und Sicherheit gibt.
Einsprüche:
Der Einspruchsgenerator erstellt belastbare Entwürfe, die anschließend fachlich geprüft werden können – ein echter Beschleuniger in Standardfällen.
Neue Rollenprofile – und wie sie wirken
KI-Einführung heißt auch: neue Verantwortlichkeiten. Damit Automatisierung produktiv bleibt, braucht es klare Rollen mit passenden Kennzahlen.
KI-Champion: Scoutet neue Use Cases, pilotiert Tools, organisiert Schulungen.
KPIs: #Use-Cases live, Adoptionsrate, Trainingsstunden.Automation Owner (Rechnungswesen): Verantwortet Automatisierungsservice Rechnungen/Bank, Datenqualität und Schnittstellen.
KPIs: Auto-Buchungsquote, Korrekturquote, Durchlaufzeit.Quality Reviewer: Prüft Stichproben, Risikofälle und Dokumentation.
KPIs: Fehlerquote, Beanstandungen.Data & Compliance Lead: Pflegt das Use-Case-Register, führt Lieferanten-Checks durch, überwacht Logging und Datenschutz.
KPIs: Audit-Findings, Doku-Vollständigkeit.Prompting Coach: Erstellt Muster-Prompts, Guidelines und Micro-Trainings.
KPIs: Wiederverwendungsrate, Antwortqualität.
Skill-Matrix: Welche Kompetenzen jetzt zählen
Mit neuen Tools verändern sich auch Kompetenzprofile. Die wichtigsten Rollen im Überblick:
Rolle | Neue Skills |
|---|---|
Steuerfachangestellte:r | KI-gestütztes Buchen (AS Rechnungen/Bank), Prompting-Basics, Datenschutzpraxis |
Bilanzbuchhalter:in | Review-Heuristiken, Ausnahmehandling, Qualitätsmetriken |
Berufsträger:in | Überblick EU AI Act, Entscheidungsdesign, Mandantenkommunikation |
Governance & Compliance – was jetzt gilt
Der EU AI Act setzt den rechtlichen Rahmen, und die Uhr läuft bereits.
Zeitleiste:
12.07.2024: Veröffentlichung im Amtsblatt
01.08.2024: Inkrafttreten
+6 Monate: Verbote unzulässiger Praktiken
02.08.2025: GPAI-Pflichten
02.08.2026: Weitere Pflichten und Enforcement
Kanzlei-To-dos:
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Strukturen zu schaffen:
Use-Case-Register anlegen
Risikoklassifizierung dokumentieren
Daten- und Löschkonzept definieren
Lieferanten-Due-Diligence durchführen
Schulungsnachweise pflegen
Der 12-Monats-Fahrplan
Ein strukturierter Fahrplan hilft, die Einführung planbar zu machen – statt in Einzelprojekten zu versanden.
Monate 1–3: Startklar
Der Fokus liegt auf Orientierung und ersten Ergebnissen.
Rollen (Champion, Owner, Reviewer) werden benannt, Pilotmandate ausgewählt.
Quick-Wins: Automatisierungsservice Rechnungen/Bank bei drei Pilotmandaten aktivieren; Frag LEA testen.
Baseline: Durchlaufzeiten, Auto-Buchungsquote und Korrekturquote erfassen.
Monate 4–6: Skalieren
Nach den ersten Erfolgen folgt die Ausweitung.
SOPs & Prompt-Library erstellen
Vier-Augen-Pfad definieren
Einspruchsgenerator pilotieren
Governance-Paket v1 aufsetzen
Monate 7–9: Verankern
Jetzt geht es darum, Ergebnisse messbar zu verbessern und Vertrauen zu schaffen.
KPI-Ziele: +20 % Auto-Buchungsquote, -25 % Durchlaufzeit
Mandantenkommunikation: Transparenz zu Qualität & Datenschutz
Team-Upskilling: interne Kurztrainings & Erfahrungsaustausch
Monate 10–12: Professionalisieren
Im letzten Schritt werden Strukturen stabilisiert und dokumentiert.
Audit-fähige Dokumentation & Incident-Response
Jahresreview & Lessons Learned
Employer-Branding: Proof Points auf Karriereseite und in Anzeigen
Tool-Starterkit
Diese Tools bilden aktuell den Kern praxisreifer KI-Anwendungen in Kanzleien:
Automatisierungsservice Rechnungen/Bank (produktiv)
Frag LEA (LEXinform-Assistent, Prototyp)
Einspruchsgenerator (Pilotphase)
Risiken & Grenzen
KI ist kein Selbstläufer. Wer sie sinnvoll nutzen will, braucht klare Prüfmechanismen.
Halluzinationen: Review-Schwellen definieren
Datenschutz: Rollenkonzepte, keine Klardaten in unsichere Tools
Prototypen: Produktreife und SLAs regelmäßig prüfen
„KI zahlt sich in Kanzleien nicht über Magie aus, sondern über Rollenklarheit, saubere Daten und konsequent gemessene Schritte.“
Fazit
Kanzleien, die KI strukturiert einführen, gewinnen Zeit, Qualität und Attraktivität als Arbeitgeber.
In zwölf Monaten lassen sich messbare Effekte erzielen – von geringeren Durchlaufzeiten bis zu besserer Mitarbeiterzufriedenheit.
Bridges begleitet Sie dabei: von der Active Search für Schlüsselrollen über praxisnahes KI-Enablement bis zur Governance-Struktur.
FAQ
Brauchen wir ein eigenes KI-Team?
Oft reichen Teilzeitrollen mit klarem Zeitbudget. Entscheidend ist die Verantwortungs- und Prozessklarheit.
Wie messen wir Nutzen?
Starten Sie mit drei Basiskennzahlen: Auto-Buchungsquote, Durchlaufzeit pro Mandat, Korrekturquote.
Müssen wir jetzt zertifizieren?
Nein. Beginnen Sie mit Inventur und Dokumentation. GPAI-Pflichten greifen ab 02.08.2025, der Großteil ab 02.08.2026.


